Escape Simulator

Näher ist für mich noch kein Spiel an dieses Gefühl heran gekommen und macht das Spielen durch seine intuitive Steuerung jedes Mal zu einem großen Spaß!

Im Frühjahr 2020 sitzen wir das erste Mal alle zu Hause. Erster Corona-Shutdown und fast die ganze Welt im selben Boot. Tatsächliche Kontakte “in der echten Welt” werden vorsichtig, sorgsam und erst nach und nach wiederhergestellt. Das Leben und zwischenmenschliche Interaktionen finden mit Ausnahme der Personen aus dem eigenen Haushalt online statt. Und aus einer privilegierten Position heraus kann ich sagen, dass diese Zeit im Nachhinein auch etwas Schönes und paradoxerweise aufregendes an sich hatte. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die Corona Zeit für viele Menschen und Betriebe existentielle Ängste mit sich brachte und bis heute bringt. Für mich und viele Menschen in meinem Umkreis war aber eine andere Folge von viel größerer Relevanz: Einsamkeit. Und so begannen sich auf einmal überall online kleine Gruppen zu bilden, die zusammen spielten, sich einfach unterhielten oder Filme zusammen schauten. Man versuchte die fehlenden Kontakte irgendwie mit digitalen Zusammentreffen auszugleichen und gemeinsam über diese seltsame Zeit zu kommen. 

Soweit so normal für jemanden wie mich, der schon seit er denken kann Videospiele spielt und sich mindestens seit Beginn der fünften Klasse regelmäßig online mit seinen Freund*innen austauscht und in virtuelle Welten stürzt. Ganz zu Anfang “Point & Click” Adventures auf dem alten Computer meiner Mutter, Pokemon auf meinem ersten Gameboy, dann die unendlichen Welten von Minecraft erkunden und schließlich die ersten kompetitiven Erfahrungen in Counterstrike sammeln. Videospiele begleiten mich durch fast mein ganzes Leben und sind bis heute ein großer Teil davon. Nur folgerichtig scheint es, dass ich an einem Punkt in diesem bei Escape Games hängen geblieben bin. Schließlich sind sie eine der nächstliegenden Übersetzungen eines Videospiels in der physischen Welt. Doch auch, wenn die weite Welt der Videospiele mir in dieser Zeit der Einsamkeit eine riesen Hilfe war, Escape Games waren irgendwie kaum vertreten. Zumindest zunächst.

Eins der Weltraumlevel aus „Escape Simulator“
Quelle: steampowered.com

Online Games gab es natürlich auch da schon. Mir waren diese allerdings nur begrenzt bekannt und ich würde mir anmaßen zu sagen, dass sie auch noch eine deutlich geringere Popularität genossen. Schon bald spielten wir die ersten online Games, die oft aus schlecht zusammengebauten Webseiten, ein bisschen Googeln und haufenweise PDFs bestanden. Das war schon irgendwie okay und unterhaltsam, aber hatte natürlich wenig mit unseren geliebten Escape Games zu tun. Dann folgten die ersten Games, in denen wir eine*n Gamemaster*in mit Kamera und Mikrofon durch die Räume schicken konnten. Besser, aber natürlich auch weit entfernt davon uns ein vergleichbares Gefühl wie ein “echtes” Game zu geben. Etwas außerhalb der Konkurrenz war hier “Showdown” von 66 Minuten, welches nicht einfach nur ein Abbild eines Escape Games war, welches jemand anderen statt uns selbst durch die Räume laufen ließ, sondern deutlich immersivere Integration ins Spielgeschehen erzeugte und einige spannende – und witzige – Elemente mit sich brachte. Ich erinnere mich, wie ich minutenlang mit verstellter Stimme telefonierte, bis diese mir immer wieder wegbrach. Meine Mitspieler*innen konnten sich nicht halten vor Lachen. “Showdown” war eine willkommene Abwechslung auf dem sonst eher tristen Online Escape Game Markt, blieb für uns aber auch die einzige von diesem Kaliber. 

Was tatsächliche Videospiele betrifft probierten wir vieles aus und fanden auch einige Perlen. Alle Spiele von “Rusty Lake”, die “We were here” Reihe und “It takes two” waren gute bis grandiose Rätselspiele. Am nächsten an ein klassisches Escape Game kam vielleicht noch “The Room” von Fireproof Studios, in welchem es eine Vielzahl von großen Rätselboxen zu lösen gibt. Reviews zu diesen Spielen vielleicht an anderer Stelle, eine Empfehlung ist aber jedes einzelne. Dann aber erschien ein Spiel auf unserem Radar, welches es sich wortwörtlich zur Aufgabe machte Escape Games zu simulieren: der “Escape Simulator”. 

Ein Einblick in einen ägyptischen Tempel aus „Escape Simulator“
Quelle: steampowered.com

Der “Escape Simulator” wurde von Pine Studios entwickelt und erschien im Jahr 2021. Beinhaltete das Spiel zu Beginn vier unterschiedliche Themes, so sind es mittlerweile sieben. Zwei kostenpflichtige – aber auch kostengünstige – DLCs bringen jeweils ein neues Theme mit sich, zudem gab es kostenlos ein Halloween Special dazu. Außerdem gibt es zahlreiche von der Community erstellte Räume, die ebenfalls im Spiel enthalten sind. Wenn ihr wollt, könnt ihr mit dem Leveleditor also auch euer eigenes Escape Game bauen. Das Basisspiel kostet 14,99€ und ist damit nicht teurer als auf PDFs basierende Online Escape Games und deutlich günstiger als die wirklich Guten und Aufwendigen. Zusammen mit bis zu drei Freund*innen, aber auch alleine, könnt ihr euch in ägyptische Tempelanlagen, Weltraumstationen, rustikal eingerichtete Räume einer Villa, das Büro eines Großunternehmens und einen Friedhof stürzen. Zahlt ihr noch etwas Geld drauf, bekommt ihr eine toll gestaltete Steampunk-Welt und den wilden Westen hinzu. Reichlich zu entdecken also. Wie aber spielt sich das Ganze und fühlt es sich wirklich wie ein Escape Room an?

Kurz gesagt: es spielt sich wunderbar intuitiv und macht eine Menge Spaß!

Nagel

…wie ein tatsächlicher Escape Room fühlt es sich aber natürlich nicht an. Trotzdem bieten die bunten, comicartigen Welten aber alle Grundeigenschaften eines Escape Rooms mit sich und meistern diese mit Bravour. Die Welten sehen im Rahmen der Grafik authentisch aus, geben uns aber das klare Gefühl, in einer spielerischen Umgebung unterwegs zu sein. Sie laden zum Erkunden ein, man kann nahezu alle Gegenstände aufheben, anschauen und mit sich rumtragen. Einige davon wichtig für den Fortschritt, einige lediglich Dekoration. Die Rätsel sind abwechslungsreich, immer absolut logisch lösbar, beinhalten bekannte Elemente, aber nutzen auch hier und da den Vorteil, Teil eines Videospiels mit fiktiven Welten zu sein. Verbunden über Discord stecken wir auch hier unsere Köpfe über kniffligen Rätseln zusammen, teilen uns auf, strömen in die verschiedenen Ecken eines jeden Raumes und verzweifeln an harten Kopfnüssen. Und auch, wenn sich theoretisch jedes Spiel alleine lösen lässt, so lädt es dazu ein sich aufzuteilen, Kommunikationsketten zu bilden und über verschiedene Distanzen zu kooperieren. Näher ist für mich noch kein Spiel an dieses Gefühl heran gekommen und macht das Spielen durch seine intuitive Steuerung jedes Mal zu einem großen Spaß! Alle, die also mal ein bisschen von zu Hause aus knobeln wollen und diese Erfahrung mit ihrem Team teilen wollen, sollten sich den Escape Simulator definitiv anschauen. Der Umfang ist zusammen mit den Community Leveln schier endlos und man muss sich keine Sorgen machen, nach einer Stunde fertig zu sein. Eine gewisse Affinität zu Videospielen schadet dabei aber sicher nicht. Also: viel Spaß beim Spielen!

Ein*e Mitspieler*in in einem Weltraumlevel im „Escape Simulator“
Quelle: steampowered.com

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